Kapitel 4: Sozialpolitik - für ein gutes Zusammenleben

Unsere Gesellschaft spaltet sich immer stärker in Arm und Reich. Die Arbeitslosigkeit bleibt hoch. Und wer Arbeit hat, kann immer seltener von nur einem Job leben und ist auf Unterstützung angewiesen. Auch Hagen ist eine sozial gespaltene Stadt. Aufgabe von Politik ist es, gerade in Zeiten der Haushaltskonsolidierung für sozialen Ausgleich zu sorgen und das Auseinanderfallen der Stadt in arme und reiche Wohngegenden aufzuhalten. Um dies zu sichern, darf es keine weiteren Kürzungen im Aufgabenbereich des Fachbereichs Jugend und Soziales geben! Hagen weist einen hohen Anteil an Menschen auf,

  • die in Armut leben (ca. 25 %),
  • die eine Zuwanderungsgeschichte haben (ca. 34 %),
  • die über 60 Jahre alt sind (über 25 %),
  • die mit einer Behinderung leben (ca. 16 %).

In der letzten Ratsperiode haben sich GRÜNE darum gekümmert, dass gesetzliche Verbesserungen im Sinne der Betroffenen umgesetzt wurden und wichtige Angebote erhalten blieben.

  • ALG-II-EmpfängerInnen erhalten bei den Heizkosten die tatsächlichen Kosten erstattet und keinen Pauschalbetrag mehr.
  • Die Wohnraumgröße wurde entsprechend der Wohngeldrichtlinie auch für ALG-II-EmpfängerInnen von 45 m² auf 50 m² für Einzelpersonen (bei Mehrpersonen-Bedarfsgemeinschaften entsprechend mehr) erhöht. Der höhere Anspruch auf Kosten der Unterkunft (KdU) wurde den meisten Betroffenen nur für ein Jahr rückwirkend ausgezahlt. Wir kritisieren, dass das Jobcenter ALG-II-EmpfängerInnen nicht rechtzeitig über die offene Rechtslage aufgeklärt hat. Wir fordern eine bessere Beratung, die sich an den Interessen der LeistungsempfängerInnen ausrichtet und nicht an denen der Stadtfinanzen.
  • Das Sozialticket wurde in Hagen eingeführt, wenn auch mit Verspätung. Fakt ist, dass das Ticket mit 29,90 Euro noch immer zu teuer ist. Denn es liegt damit erheblich über dem Anteil, der im ALG-II-Regelsatz für Mobilität zur Verfügung steht. Wir fordern nach wie vor ein Sozialticket zum Preis von 15 Euro.
  • Finanzielle Förderungen wichtiger Beratungsstellen (Schwangerschaftskonfliktberatung der AWO, Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel, Verbraucherberatung, Freiwilligenzentrale) konnten erhalten werden.

Aber es bleibt viel zu tun.

Leben im Quartier

Ein wichtiger Hebel, den sozialen Zusammenhalt der Stadt zu sichern und die demografische Entwicklung zu meistern, liegt in der Entwicklung der Stadtteile und Wohnquartiere. Dazu haben wir GRÜNE das Instrument der Quartierskonzepte entwickelt. Auf dieser Basis lassen sich Nachbarschaftshilfe, ehrenamtliche und professionelle Unterstützung sowie haushaltsnahe Dienstleistungen neu organisieren. Angebote werden unter Beteiligung der BewohnerInnen, der Wohnungsbaugesellschaften und der Hilfeanbieter gebündelt und vernetzt. So gelingt gesellschaftliche Teilhabe und selbstbestimmtes Leben auch im Alter und mit Behinderung. Ein solches Konzept braucht hauptamtliche „Kümmerer“. Die Stadt soll eng mit der Beratungsstelle Altersgerechte Quartiere in Bochum zusammenarbeiten. Dort gibt es auch Informationen über Zuschüsse und Landesmittel für die Quartiersentwicklung.

Demografie/ SeniorInnen

2010 waren 27 % aller HagenerInnen älter als 60 Jahre. 2020 werden es bei gleichbleibender Entwicklung 31 bis 32 % sein. Der demografische Wandel birgt Chancen und Risiken. Schon heute sind viele SeniorInnen ehrenamtlich tätig. Sie helfen SchülerInnen bei den Hausaufgaben. Sie sorgen dafür, dass die Büchereien in Hohenlimburg und Haspe weiter bestehen können. Sie begleiten Jugendliche auf dem Weg ins Berufsleben. Sie machen Bürgerfunk fürs Radio, kümmern sich um Seniorennachmittage in Begegnungsstätten und spielen Theater. Das sind die fitten, mobilen SeniorInnen, die für das Leben in dieser Stadt sehr wichtig sind. Aber: In den nächsten Jahren wird die Zahl der alten Menschen wachsen, die arm sind. Es wird mehr Pflegebedürftige geben. Der Anteil der alten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte wird wachsen und die Zahl der Menschen mit Behinderung im Rentenalter wird größer werden. Das wird die Altenpolitik der Stadt vor neue Herausforderungen stellen. Diese neuen Anforderungen können nur von Bund, Land und Kommunen gemeinsam geschultert werden. Um die Entwicklung in Hagen meistern zu können, halten wir für erforderlich:

  • Die Einrichtung einer eigenen Stelle einer/eines Demografiebeauftragten. Die demografische Entwicklung ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche der Stadtentwicklung berührt.
  • Die Aufstellung eines neuen Altenplans (der letzte stammt aus dem Jahr 2003).
  • Die Wiederbesetzung des Seniorenbüros. Ratsuchende brauchen eine zentrale Anlauf- und Auskunftsstelle.
  • keine weiteren Kürzungen im Aufgabenbereich des Fachbereichs Jugend und Soziales, der Wohlfahrtsverbände und der Beratungsstellen
  • Aufstockung der Stellen in der Wohn- und Pflegeberatung
  • den Erhalt aller Begegnungsstätten
  • bezahlbares, seniorengerechtes Wohnen

Die GRÜNEN sehen in der Entwicklung von Quartieren (Quartierskonzepte) einen wichtigen Ansatz, um diese Zukunftsaufgaben zu meistern.

Finanzielle Absicherung sozialer Einrichtungen

Menschen brauchen Unterstützung und Beratung in vielen Lebenssituationen. Eine gute Ausstattung solcher Anlaufstellen (Schwangerschaftskonfliktberatung, Verbraucherzentrale, Schuldnerberatung, Erziehungshilfe, AIDS-Hilfe, Frauen helfen Frauen, Freiwilligenzentrale, Suchthilfe, Arbeitslosenberatung, Beratung für Wohnungslose u.a.) hilft Menschen, ihr Leben zu meistern. Beratungsstellen sind eine Investition in die Zukunft und in den sozialen Frieden. Wir treten daher vehement gegen Kürzungen bei diesen Angeboten ein. Sie müssen den gestiegenen Anforderungen nachkommen können. Soziale Arbeit muss verlässlich finanziert werden. Wir brauchen eine Regelfinanzierung statt der Finanzierung von befristeten Projekten.

Beratung für Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund

In Hagen mangelt es an Beratung für Frauen und junge Mädchen mit Migrationshintergrund in Konfliktsituationen. Oft suchen sie wegen Sprachschwierigkeiten und kultureller Differenzen Beratungsstellen nicht auf, insbesondere wenn sie dort nicht in ihrer Sprache beraten und betreut werden können. Sie brauchen

  • Hilfe von DolmetscherInnen mit Migrationshintergrund,
  • Unterstützung auf dem Weg zu Selbstbestimmung und Eigenverantwortung,
  • BeraterInnen mit Kenntnissen ihrer spezifischen Lebenssituation und ihrer strukturellen Benachteiligung.

Erwerbslose

Hagen hat eine Arbeitslosenquote von 10 Prozent. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen bleibt auf hohem Niveau.

Wir halten Folgendes für erforderlich:

  • Die Stadt Hagen soll mit dem Land die Wiederaufnahme der Finanzierung einer unabhängigen Arbeitslosen- und Erwerbslosenberatung, wie sie das Hagener Arbeitslosen-Zentrum (HALZ) bietet, aushandeln. Erfahrungen wie die der Gruppe „Weiße Taube“ zeigen, dass das Jobcenter oft nicht bedarfsgerecht informiert (Heißwasserpauschale, Wohnraum).
  • Wir wollen, dass Trägerversammlung und Beirat des Jobcenters auf die Einhaltung der aktuellen Rechtsprechung achten und Ermessensspielräume kundenfreundlich auslegen.
  • Vom Bund erwarten wir die Erhöhung des Bundesanteils bei den Kosten der Unterkunft auf 49 Prozent (gegenwärtig 24,9 Prozent).
  • Ein Zankapfel sind die Schulsozialarbeiterstellen, die über das BuT (Bildungs- und Teilhabepaket) finanziert wurden. Sie haben sich bewährt. Dennoch ist keine Anschlussfinanzierung in Sicht. Bund und Land erklären sich gegenseitig für unzuständig, die Stadt Hagen als Nothaushaltskommune kann diese „freiwillige Leistung“ nicht zusätzlich finanzieren. Leidtragende sind die Kinder. Der Kompromiss mit dem Erhalt weniger Stellen ist unzureichend. Wir wollen, dass sich Hagens Stadtspitze für mehr Stellen einsetzt.

Frauen und Gender

Veränderungen im Geschlechterverhältnis prägen unsere Gesellschaft. Benachteiligungen und Machtunterschiede zwischen den Geschlechtern sind längst noch nicht abgebaut. Gleichstellung bleibt ein zentrales gesellschaftliches Reformprojekt, denn nur eine geschlechtergerechte Politik ermöglicht die Modernisierung der Gesellschaft.

Frauen in Führung und ins Rathaus!

Bei den Hagener GRÜNEN ist das kein leeres Versprechen, sondern Programm! Die Doppelspitze ist in unserer Partei gelebter Alltag. Ebenso typisch GRÜN aufgestellt ist unsere Liste für die Kommunalwahl: geschlechtergerecht, vielfältig und stark.

Die gesamte Verwaltungsspitze in Hagen war bisher männlich besetzt. Ist es ein Zufall, dass ausgerechnet bei der Wahl einer Frau zur Dezernentin höchst peinliche Verhinderungskampagnen geführt wurden? Der Frauenbeirat und die Gleichstellungsbeauftragte waren übrigens von der Findungskommission (reine Männerangelegenheit) ausgeschlossen. Bei den „Volksparteien“ sind eben nur Männer in entscheidenden Funktionen. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass die Forderung nach Umsetzung von Gender Mainstreaming nur ein müdes Lächeln verursacht.

Daher fordern wir Hagener GRÜNE:

  • Eine quotierte Besetzug des Verwaltungsvorstandes wird angestrebt.
  • Gender Mainstreaming wird durch eine Dienstanweisung in der Verwaltung verbindlich.
  • Dazu werden Daten soweit als möglich geschlechtsspezifisch ausgewiesen.
  • Gender Budgeting findet im Haushalt Niederschlag. Für die Umsetzung sind die Dezernate und die wie Eigenbetriebe geführten Einrichtungen verantwortlich. Über den Prozess der Durchführung erfolgt eine regelmäßige Berichterstattung in den jeweiligen Fachausschüssen.
  • Vom Rat bzw. von der Stadt zu besetzende Aufsichtsratspositionen werden in der Regel quotiert besetzt.

Mädchen und junge Frauen

Junge Frauen machen immer öfter die besseren Abschlüsse in Schule, Ausbildung und Beruf. Dennoch wählen sie aus über 340 Ausbildungsberufen oftmals nur 10 aus, die wenig Gehalt und kaum Aufstiegschancen bieten. Die Stadt Hagen kann hier eine Vorbildfunktion übernehmen, indem sie die Hälfte aller Ausbildungsplätze an Mädchen vergibt.

Geschlechtsspezifische Jugendarbeit – also sowohl gezielte Mädchenförderung als auch Jungenarbeit – soll durchgängig angeboten werden. Dabei sollen Rollenmuster aufgebrochen und geschützte Räume angeboten werden. Mädchen aus Migrantenfamilien haben es oft besonders schwer, traditionelle Rollenerwartungen mit dem Wunsch nach einem gleichberechtigten und selbstbestimmtem Leben in Einklang zu bringen, sei es bei der Teilnahme an sportlichen Aktivitäten, in der Freizeit oder bei der Berufsund Partnerwahl. Hier bedarf es zielgruppenspezifischer Arbeit und einfühlsamer Beratung.

Runder Tisch gegen häusliche Gewalt

Seit 2010 setzt sich der runde Tisch gegen häusliche Gewalt dafür ein, Frauen vor Gewalt in jeglicher Form zu schützen. Mit Veranstaltungen und Interventionsangeboten an Schulen wurden aktuelle Themen wie Stalking, Zwangsheirat und sexualisierte Gewalt sowie die Situation von Frauen mit Behinderung aufgegriffen. Dabei wurde sehr deutlich, dass die Angebote aller Einrichtungen weiterhin großen Unterstützungsbedarf haben, sowohl finanziell als auch personell.

Bündnis 90/ DIE GRÜNEN fordern:

  • keine Streichung der Zuschüsse für die Frauenberatungsstelle
  • keine Streichung der Zuschüsse für die Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel

Lesben verstecken sich nicht länger

Lesben sind gesellschaftlich unterrepräsentiert und in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vorhanden. Die Hagener GRÜNEN sehen es als Aufgabe der Kommunalpolitik, ein Umfeld zu schaffen, in dem Lesben offen, gleichberechtigt und selbstbewusst miteinander leben können. Wir regen die Einrichtung eines Antidiskriminierungsbüros an. Bei städtisch bezuschussten Frauenprojekten soll auch die Situation von Lesben selbstverständlich berücksichtigt werden.

Gesundheit

Gesundheit ist ein hohes Gut. Gerade angesichts des demografischen Wandels entstehen neue Anforderungen an die gesundheitliche Versorgung in dieser Stadt. Krankenhäuser, Ärztinnen und Ärzte sowie Reha-Einrichtungen müssen sich darauf einstellen.

Auf wichtige Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen hat die Kommunalpolitik wenig Einfluss. Trotzdem muss sie alle Möglichkeiten nutzen, um sich für eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung einzusetzen. Die Zahl der Krankenhausbetten darf in Hagen nicht so drastisch gesenkt werden, wie es die Landesregierung in ihrem Krankenhausbedarfsplan vorsieht. Schon jetzt fehlen Akutbetten und Betten in der Inneren Medizin. Es bestehen Engpässe in der Versorgung. Wir wollen unseren Einfluss im Landtag nutzen.

Die kassenärztliche Vereinigung behauptet, Hagen sei mit Ärzten überversorgt. Alle, die schon Arzttermine ausmachen mussten, wissen, dass dies nicht der Fall ist. Vor allem sind die Ärzte nicht gleichmäßig über die Stadt verteilt. Aufgabe von Kommunalpolitik muss es sein, darauf zu achten, dass Stadtteile nicht unterversorgt sind, sondern dass zumindest die hausärztliche Versorgung quartiersnah gesichert ist. Dafür müssen wir mit der kassenärztlichen Vereinigung ins Gespräch kommen und zur Not auch streiten.

Wir wollen eine Gesundheitsversorgung, in der PatientInnen im Mittelpunkt stehen. Dazu braucht es neben anderen bundespolitischen Regelungen auch ein Gegengewicht zur Gesundheitslobby. In Hagen besteht ein dichtes Netz von Selbsthilfegruppen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung, aber auch zu Information und Eigenständigkeit der PatientInnen. Diese Gruppen brauchen Unterstützung. Deshalb darf es hier keine Kürzungen geben.

Seit einigen Jahren gibt es in Hagen eine Gesundheitskonferenz. Sie vereint die Hagener Akteure im Gesundheitswesen und politische VertreterInnen in der Aufgabe, den Stand der gesundheitlichen Versorgung darzustellen, gesundheitliche Ziele zu formulieren, Defizite zu benennen und Handlungsempfehlungen zu geben. Die Konferenz hat wichtige Projekte angestoßen z.B. zu Adipositas bei Kindern, psychiatrischer Versorgung von Kindern, Frauen und Gesundheit, zum Netzwerk gegen Gewalt in der Familie. Sie hat einen Bericht zur Säuglingssterblichkeit initiiert. Angesichts der kommenden Probleme ist es sinnvoll, das Instrument der Gesundheitskonferenz zu stärken, um die Zusammenarbeit im Hagener Gesundheitswesen auszubauen. Nur so kann sie die Politik und die Stadtgesellschaft auf Notwendigkeiten und neue Entwicklungen hinweisen.

Ein wichtiges Ergebnis der Gesundheitskonferenz ist die Gründung eines „Hagener Bündnisses für gesunde Ernährung und gegen Bewegungsarmut“. Gesundheitserziehung gehört zu einer der wichtigsten öffentlichen Zukunftsaufgaben. Gute Gesundheitserziehung ist ein Baustein der Suchtvorbeugung.

Wir setzen uns daher verstärkt dafür ein, dass

  • in Kitas und Schulen gesunde Ernährung angeboten wird,
  • Projekte zum Erlernen gesunder Ernährung gefahren werden – für Kinder, aber auch für Eltern,
  • wieder mehr Bewegung in den Alltag kommt.

Der Schutz unserer Gesundheit ist eine vielfältige Aufgabe, die in viele Politikfelder hineinreicht. Gesundheit gibt es langfristig nicht ohne eine gesunde Umwelt, ohne gesunde Lebensmittel und ohne menschenwürdige Lebensbedingungen. Dies sind die Grundlagen, für die wir Sorge tragen müssen.

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