Kapitel 6: Mehr ganzheitliche Pädagogik

Die Kommune trägt die Verantwortung für Erziehung und Bildung von Anfang an. Im Zentrum von Bildung, Erziehung und Betreuung müssen die Interessen und Bedürfnisse der Kinder stehen. Idealerweise heißt das: Die Stadt heißt die Neugeborenen willkommen und unterstützt Eltern bei der Erziehung und damit die Entwicklung und Bildung der Kinder. Der Erstkontakt der Stadt mit den Eltern beginnt vor der Geburt, spätestens unmittelbar nach der Geburt mit einem Willkommenspaket. Jede Familie hat eine Kontaktperson in der Stadt, die sich um die Bildung der Kinder kümmert und die Eltern berät, Hilfe vermittelt – falls nötig. Fortgeschriebene Bildungsberichte begleiten den Bildungsprozess. Familienzentren müssen finanziell so ausgestattet werden, dass sie ein niederschwelliges, bedarfsgerechtes und vernetztes Angebot zur Unterstützung der Familien werden können.

Tageseinrichtungen für Kinder sind Orte der Erziehung und Bildung. Sie bieten eine frühe und damit erfolgversprechende Möglichkeit, allen Kindern zu Chancengleichheit und einem guten Weg ins Leben zu verhelfen. Um dem Bildungsauftrag gerecht zu werden, brauchen wir

  • genügend Kinderbetreuungsplätze, ausreichendes Fachpersonal und eine gute Ausstattung der Einrichtungen,
  • Flexible Betreuungszeiten und ein ausreichendes Angebot zur Betreuung der unter 3-jährigen. Wir fordern einen bedarfsgerechten Ausbau über den Rechtsanspruch hinaus.
  • Die Angebote in den Tageseinrichtungen müssen eine intensive Sprachförderung für Kinder und deren Eltern enthalten.

Die Hagener GRÜNEN fordern auf Landes- und Bundesebene:

  • die kind- und bedarfsgerechte Anpassung der Regelsätze für die Kinder im SGB II
  • die Kostenübernahme für Mittagsmahlzeiten und Schulbücher weitere Nachbesserungen am Kinderbildungsgesetz (KiBiz)
  • Kita-Ausbau statt Betreuungsgeld. Das Betreuungsgeld muss abgeschafft werden und gehört in die Finanzierung der Kindertagesstätten. Insbesondere für:
    • Planungs- und Finanzsicherheit der Kitas
    • kleine Gruppen in den Kitas
    • den weiteren Ausbau der U-3-Kinderbetreuung
    • Weitere Flexibilisierung der Betreuungszeiten
    • die Elternbeitragsfreiheit

Für Hagen fordern die GRÜNEN:

  • Die Stadt Hagen muss im ständigen Dialog mit den Trägern über die Qualität in den Kitas stehen.
  • Die Stadt Hagen muss im Interesse der Kinder und des Personals in den Kitas die Träger der Einrichtungen stützen.
  • Die vorschulischen Angebote sind besonders wichtig für den weiteren Bildungsweg. Die Integration der Zugewanderten und ihrer Nachkommen hängt maßgeblich von besseren Bildungschancen ab.

Schulen sind Häuser des Lernens

Alle Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf gleiche Chancen und Teilhabe in der Gesellschaft. Jedes Kind hat grundsätzlich das Recht, eine Regelschule zu besuchen. Die Stadt Hagen hat in ihrer Schulentwicklungsplanung dafür Sorge zu tragen, dass sich alle Schulen zu inklusiven Schulen weiterentwickeln können. Dabei steht der Eltern- und Schülerwille bei der Schulwahl für uns im Vordergrund. Die Schule stellt sich darauf ein, die Vielfalt aller Schülerinnen und Schüler und ihre jeweiligen Besonderheiten zur Grundlage ihrer pädagogischen Arbeit und ihrer Unterrichtskultur zu machen. Dabei ist eine Schulstruktur unabdingbar, bei der es – wie in Grundschule, Gesamtschule und Sekundarschule – keine Auslese gibt.

Die Hagener GRÜNEN fordern:

  • Personell und materiell gut ausgestattete inklusive Schulen des längeren gemeinsamen Lernens müssen weiter gefördert werden. Ziel der Hagener GRÜNEN ist es, dass kein Kind zurück gelassen wird, dass die individuelle Förderung aller Kinder in den allgemeinbildenden Schulen gelebt wird, so dass Förderschulen in den Bereichen Lernen, Sprache, und soziale und emotionale Entwicklung entfallen können.
  • Die Bedürfnisse aller Eltern und Kinder nach qualitativ hochwertiger Bildung müssen erfüllt werden. Nach unserer Meinung gelingt dies am besten in integrierten und inklusiven Systemen: Dazu gehören auch der Ausbau von gebundenen Ganztagsschulen mit der entsprechenden Infrastruktur (Mensa-, Aufenthalts- und Arbeitsräumen), und die Ressourcen für inklusiven Unterricht. Die Ausweitung der Unterrichtsstunden an Gymnasien in den Nachmittag hinein erfordert entsprechende Konzepte, die die Stadt unterstützen muss. Im Offenen Ganztag der Grundschulen muss die Gruppenstärke so bemessen sein, dass qualifiziert gearbeitet und nicht nur verwahrt werden kann.
  • Die städtische Infrastruktur muss zur Einwohnerzahl passen. Da die Schülerzahl weiterhin sinkt, sind Schulstruktur und Raumbedarf anzupassen. Schließen und Zusammenlegen bzw. Umwandeln einzelner Schulen kann unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein. Die Kriterien bei der Auswahl müssen frühzeitig offen gelegt werden; der bauliche Zustand der Gebäude ist nur eins davon. Der Ganztags- und Inklusionsbedarf muss deutlich in die Raumberechnung eingehen, ebenso die Rolle der Schule für den Stadtteil etwa mit der Nutzung der Gebäude durch außerschulische Organisationen wie Vereine. Ein fairer Umgang miteinander bedeutet frühzeitige Information und Einbeziehung der Betroffenen. Nach wie vor gilt unser Prinzip, dass die Schule möglichst wohnortnah sein soll.
  • Der Übergang von der Schule in eine berufliche Ausbildung, die weitere schulische Bildung nach dem Abschluss in Jahrgang 10 oder der Übergang in eine akademische Bildung muss in Hagen intensiv und professionell begleitet werden: Ein frühzeitig einsetzendes, unabhängiges Übergangsmanagement z.B. in einem Beratungsbüro der Stadt ist dazu hilfreich.
  • Schule und Jugendhilfe müssen besser vernetzt werden: Viele Kinder und Jugendliche brauchen Unterstützung, die sich nicht nur auf den Lernstoff bezieht. Sozialpädagogische und schulpsychologische Unterstützung muss die schulische Arbeit begleiten. Durch das Zusammenwirken von verschiedenen Berufsfeldern könnte die Qualität weiter verbessert werden. Nicht nur Problemdiagnosen, sondern praktische Hilfen sind gefragt: Prävention etwa bei der Betreuung von schulmüden Jugendlichen ist sinnvoll. Berufsorientierende Maßnahmen für Haupt- und Gesamtschulen könnten den vielfach schwierigen Einstieg erleichtern.
  • Die Hagener Schulen sollten sich weiter öffnen. Z.B. bietet Jugendkulturarbeit Chancen, ungenutzte Talente zu fördern. Im Rahmen des Ganztagsangebotes sind Projekte mit außerschulischen Trägern sinnvoll. Diese müssen im Bildungsbüro der Stadt angestoßen und begleitet werden. Dazu muss die Stadt Hagen das Bildungsbüro stärken, damit pädagogische Initiativen gebündelt werden können und Schulen mit außerschulischen Partnern auf den Gebieten Kultur, Soziales, Ökologie und Wirtschaft vernetzt werden.
  • Pädagogische Arbeit bedeutet zum großen Teil Kommunikation. Unbesetzte Schulbüros und damit stundenlange telefonische Unerreichbarkeit erschweren den nötigen Austausch zwischen Eltern und Schule. Der gewachsene Verwaltungsaufwand erfordert zudem qualifizierte Kräfte für die Sekretariatsaufgaben. Hier muss die Stadt Hagen die Schulen stärken.
  • Für den Lernerfolg brauchen Schulen Attraktivität. Man muss sich in ihnen wohl fühlen können. Es ist nachgewiesen, dass schlecht unterhaltene und schlecht gereinigte Schulen einen negativen Effekt auf die Lernergebnisse haben. Die Putzstandards in den Hagener Schulen dürfen nicht noch weiter nach unten geschraubt werden.
  • Wir wollen die Wiedereinführung der Grundschulbezirke: Die Freiheit Einiger untergräbt die Chancengleichheit Vieler und führt zu sozialer Ausgrenzung.
  • Schulsozialarbeit muss erhalten bleiben. Die Anschlussfinanzierung der Schulsozialarbeiter nach dem Bildungs- und Teilhabepaket durch die Kommunen ist nicht zu leisten. Schulsozialarbeit ist Teil der präventiven Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik. Durch den Wegfall dieses Angebots verringert sich die Möglichkeit der „Bildung und Teilhabe“ für viele Kinder und Jugendliche.

Kinder, Jugend, Bildung: Die Zukunft

Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume, Räume für Bewegung und Freizeitaktivitäten. Dazu gehören auch Orte und Einrichtungen, wo Kinder und Jugendliche unter sich sind,  wo ihre Regeln gelten.

Gute Jugendarbeit holt die Jugendlichen dort ab, wo sie stehen. Kooperative und stadtteilbezogene Formen der Kinder- und Jugendarbeit sind besonders erfolgreich bei Gewaltprävention und Integration und müssen deshalb ausgebaut werden.

Die offene Kinder- und Jugendarbeit, die Jugendzentren und -treffs müssen erhalten bleiben. Kinder und Jugendliche werden durch die vielfältigen Angebote der Jugendhilfe an Teilnahme und Mitverantwortung im gesellschaftlichen Leben herangeführt.

Die außerschulischen Bildungsorte für Kinder- und Jugendliche bereichern die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen und ermöglichen vielfältige kulturelle, sportliche und musische Erfahrungen an den verschiedensten Orten und Institutionen. Diese Vielfalt der Angebote muss den Kindern und Jugendlichen erhalten bleiben.

Die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen in Hagen sind oft geprägt durch strukturelle Benachteiligung. Armut trifft Kinder und ihre Familien besonders hart. Armut ist nicht nur eine einkommensabhängige Armut, sondern eine Armut, die die Lebensbereiche Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe betrifft. Von Selbstverschuldung und individuellen Armutsbiografien kann kaum mehr die Rede sein; ohnehin verbietet sich eine solche Diskussion, wenn es um Kinder geht.

Dennoch: die Zahlen weisen deutlich auf ein gesamtgesellschaftliches Problem hin.

Kinder und Jugendliche haben Rechte

Kinderrechte nützen wenig ohne einen einklagbaren Anspruch. Daher wird es – vor allem für die lokale Arbeit – dringend Zeit, die Rechtsposition von Kindern in Deutschland zu stärken. Die explizite Aufnahme der Kinderrechte auf Förderung, Schutz und Beteiligung sowie den Vorrang des Kindeswohls bei allem staatlichen Handeln gehört als Folge der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz. Aus der Sicht der Kinder und Heranwachsenden beginnt Demokratie mit den Beteiligungsmöglichkeiten an den Entscheidungen, bei denen ihre Interessen betroffen sind. Das reicht von der Spielplatzgestaltung über Freizeitmöglichkeiten bis zu ökologischen Kinderrechten. Wir wollen daher, dass die gute Arbeit der Jugendräte in Hagen weiter gefördert und hinreichend ausgestattet wird.

Ein konsequenter Beteiligungsansatz ist, dass bei der Kommunalwahl das Wahlalter auf sechzehn Jahre gesenkt wurde. Denn die Kompetenz zu wählen ist weniger eine Frage des Alters als der Kenntnisse und der Beteiligungskultur. Leider gilt diese Senkung der Altersgrenze noch nicht für die Bundestags- und die Europawahl. Wir werden uns weiter dafür einsetzen. Gerade in einer rapide alternden Gesellschaft müssen auch Junge ihre Interessen einbringen können.

Netzwerke für Kinderschutz

Kommunale Netzwerke und Präventionsketten zum Kinderschutz müssen weiter ausgebaut werden. Die bestehenden Konzepte in unserer Stadt sollten weiterentwickelt werden und benötigen eine sichere und auf Dauer angelegte Regelfinanzierung.

Wir wollen weg von Projektförderungen und fordern die gesicherte Finanzierung der am Netzwerk beteiligten Organisationen und Einrichtungen. Nur wenn die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, können Präventionsketten funktionieren und dem Schutzauftrag gerecht werden.

Präventionsketten und Kindesschutzmaßnahmen vermeiden Armutsfolgen bei Kindern und Jugendlichen. Es geht aber nicht nur um Armutsprävention, sondern um eine Neuorientierung und Neustrukturierung der Hilfesysteme, um allen jungen Menschen positive Lebens-und Teilhabebedingungen zu eröffnen. Die Finanzierung der Hagener Kinderschutzambulanz muss langfristig gesichert werden, um dem gesetzlichen Schutzauftrag für Kinder konsequent gerecht zu werden.

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