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13.12.19 –
[Es gilt das gesprochene Wort]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Haushalt, den wir heute verabschieden wollen, macht Mut. Er macht Mut, weil er zeigt, dass unsere Bemühungen der vergangenen Jahre langsam beginnen, Früchte zu tragen.
Dies hat aus unserer Sicht Voraussetzungen, die sich in den drei folgenden Punkten zeigen:
Wir haben erneut einen ausgeglichenen Haushalt.
Die Verschuldung ist erneut gesunken. Die Kassenkredite liegen seit Jahren wieder unter der eine Milliarden-Euro-Marke.
Wir erfüllen die Stärkungspaktauflagen und kommen dabei ohne neue Kürzungen und HSP-Maßnahmen aus.
Dies weckt Begehrlichkeiten. Auch in diesen Haushaltsverhandlungen sind wieder Anträge in Millionenhöhe in den HFA eingebracht worden – ohne jegliche Deckung. Dies verkennt, dass wir noch lange nicht über den Berg sind. Wir profitieren von der noch guten Wirtschaftslage und den niedrigen Zinsen.
Die Kassenkredite der Stadt sind zwar endlich unter die eine Milliarden-Euro-Marke gerutscht. Dennoch kann jede Zinssteigerung die erkämpften Spielräume schnell wieder zunichte machen.
Wir haben weiterhin damit zu kämpfen, dass die Kommunen in ihrer Breite strukturell unterfinanziert sind. Dies ist mittlerweile ein anerkannter Fakt. Es ist daher ein gutes Anzeichen, dass das Thema Altschuldenfonds, den wir Grünen seit Jahren fordern, nun auch bei den anderen Parteien angekommen ist. Es darf aber nicht sein, dass Bund und Land zwar grundsätzlich zustimmen, ansonsten aber das Thema allmählich zu Mikado verkommt: Wer sich zuerst bewegt, verliert.
Was würde der Wegfall der Altschulden für Hagen bedeuten? Wir hätten jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag für Investitionen zur Verfügung, die wir heute noch für Zinsen zahlen. Und wir benötigen dringender denn je diesen Investitionsspielraum, damit auch für unsere Kinder und Enkel diese Stadt noch lebenswert ist und Zukunft bietet.
Beim Thema Altschulden sind wir von anderen abhängig. In Hagen haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und daher auch in diesem Haushalt darauf geachtet, dass vor allem die konsumtiven Ausgaben mit Sinn und Verstand getätigt werden. Der Weg der vergangenen Jahre hin zum ausgeglichenen Haushalt hat uns Spielräume eröffnet, die wir heute nutzen können. Wir müssen aber auch künftig bereit sein, das Geld in die Hand zu nehmen, das für Zukunftsinvestitionen notwendig ist.
Beispiel Personalbestand. Wir haben die Zeiten des rigorosen Personalabbaus hinter uns gelassen. Dieser Abbau hat zwar den Haushalt entlastet, allerdings sind dabei auch Kapazitäten und Qualifikationen – in viel zu vielen Bereichen der Verwaltung weggefallen. Dies mussten wir in den vergangenen Jahren an vielen Stellen z.B. auch in den Bereichen Stadtentwicklung und Infrastruktur schmerzhaft erfahren.
Durch eine solide Haushaltspolitik konnten wir diese Entwicklung nicht nur stoppen. Hagen stellt wieder ein. Hagen bildet weiterhin aus. Und wir stützen hier den Ansatz der Verwaltung: Dort wird nach dem aktuellen Personalbedarf geschaut. Dort wird analysiert, wie die Fluktuation in den kommenden Jahren aussehen wird. Und anhand dieser Daten wird der Stellenplan festgelegt. Und wenn notwendig: nachgesteuert. Vorausschauende Planung anstatt Gießkanne.
Dieser Haushalt zeigt nicht nur den Erfolg der Konsolidierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre. Dieser Haushalt zeigt auch, dass wir in den vergangenen fünf Jahren gute Fundamente für zukunftsweisende Projekte gelegt haben.
Ich nenne Ihnen nur wenige Beispiele:
Wir haben in den vergangenen Jahren wichtige Konzepte entwickelt, um die Verkehrswende auch in Hagen einzuleiten. Das Leitbild der autogerechten Stadt hat Hagen zu einem Hotspot der Luftverschmutzung und des Ausstoßes an Klimagasen gemacht. Wir haben nach intensiver Auseinandersetzung den Masterplan Nachhaltige Mobilität und das Radverkehrskonzept hier auf den Weg gebracht. Dieser Haushalt macht deutlich, dass diese Konzepte nicht bloß Papiertiger sind. Wir setzen Millionenbeträge ein, um die Verkehrswende in dieser Stadt zu erreichen. Um die Qualität des ÖPNV zu verbessern. Und mehr und vor allem sicheren Radverkehr zu ermöglichen. Und auch um den Fußgängern ihren sicheren und gesunden Platz im Verkehr zu geben. Klar ist: Wir stehen damit erst am Anfang. Wenn wir den Anteil von Öffentlichem Nahverkehr, Rad- und Fußverkehr auf 50 Prozent heben wollen, brauchen wir in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld, als in diesem Haushalt eingestellt ist. Geben Sie sich da keiner Illusion hin. Und lassen sie uns als Politik selbstbestimmt handeln.
Der Rat hat im September den Klimanotfall ausgerufen.
Um den Klimawandel in der Stadt anzugehen, werden wir die Möglichkeiten von Dach- und Fassadenbegrünung überprüfen. Wir nehmen mehr Geld für städtische Grünflächen in die Hand, damit Bienen und Insekten auch weiterhin ihre Heimat in unserer Stadt finden. Mehr Grünflächen bedeuten zudem auch mehr Frischluft und Kaltluftschneisen. Damit gehen wir die Hitzebelastung in der Stadt an. Wir Grünen werden uns sehr genau ansehen, was der WBH mit den zur Verfügung gestellten Mitteln macht und ob wir hier noch nachschärfen können.
Wir müssen aber nicht nur unsere Grünflächen ökologischer gestalten, wir müssen sie auch bewahren. Wir Grünen stehen meist im Rat allein, wenn es darum geht, den Flächenverbrauch hier zu stoppen. Aber wer es mit Klimaschutz ernst meint, darf die Natur nicht weiter versiegeln. Brachflächen wieder nutzbar zu machen, ist da eine bessere Lösung, Hier brauchen wir deutlich mehr Engagement.
Die Stadt wird im kommenden Jahr prüfen, inwiefern Solarenergie stärker als bisher auf städtischen Gebäuden erzeugt werden kann. Diese Prüfung ist richtig. Aber wir erwarten auch, dass in der Folge gehandelt wird und wir deutlich mehr Solaranlagen auf Hagens Dächern sehen werden. Klar ist aber auch: Photovoltaik ersetzt nicht die Windkraft. Sie wissen alle, dass wir den Kohleausstieg nicht stemmen werden ohne einen drastischen Ausbau der Windkraft. Die Landesregierung hat es uns vergangene Woche Schwarz auf Weiß zu verstehen gegeben: Hagen hat bei den Erneuerbaren Energien seine Hausaufgaben nicht gemacht. Wir schöpfen unsere Potenziale in der Energiewende bei weitem nicht aus. Und dazu gehört auch die Windenergie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beenden sie endlich ihre Verhinderungstaktik. Mein Appell: Lassen Sie uns gemeinsam klare Ausbaumöglichkeiten der Windkraft in unserer Stadt benennen. Sonst nehmen uns irgendwann Gerichte jeglichen politischen Handlungsspielraum aus der Hand.
Eine lebenswerte Stadt bietet Platz für Bürgerinnen und Bürger ganz unterschiedlicher Einkommensschichten.
Wir Grüne freuen uns besonders, dass es durch die Konsolidierungspolitik der vergangenen Jahre nun wieder möglich ist, dass Hagen das soziale Profil deutlich schärft. Eine langjährige Forderung von uns konnte so endlich umgesetzt werden: die Zuschüsse an die Begegnungsstätten erhalten endlich eine Dynamisierung. So müssen sie nicht in jedem Haushalt erneut um den Inflationsausgleich kämpfen. Dieser ist für die kommenden Jahre fest im Haushalt eingeplant. Die Beratungsstellen von AWO über das Blaue Kreuz bis zur Aidshilfe erhalten endlich mehr Mittel, die den Stillstand der vergangenen Jahre zumindest teilweise aufholen lassen. Besonders möchte ich aber das frauenpolitische Signal hervorheben, das dieser Haushalt setzt. Wir unterstützen das Frauenhaus Hagen bei den dringend notwendigen Renovierungsarbeiten. Und wir holen nach, was in den umliegenden Städten seit Jahren schon Praxis ist: Auch Hagen richtet endlich einen Fonds für Verhütungsmittel ein. Sexuelle Selbstbestimmung und Familienplanung darf keine soziale Frage sein! Ich freue mich, dass diese Erkenntnis nun von der großen Mehrheit dieses Rats geteilt wird.
Eine lebenswerte Stadt ermöglicht es vor allem Kindern und Jugendlichen, zu spielen, zu lernen und sich zu entwickeln. Das sichert die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt.
Wir haben in diesem Haushalt deutlich mehr Geld für den Erhalt und Neubau von Spielplätzen vorgesehen. Ich bin auch froh, dass alle Fraktionen mittragen, diese zusätzlichen Mittel gestückelt in den kommenden Jahren einzusetzen. So können wir garantieren, dass unsere Spielplatzlandschaft über Jahre erhalten und gestärkt wird.
Wir haben das Wort des Kämmerers, dass die Kita-Plätzen ebenso kontinuierlich ausgebaut werden, wie die OGS-Versorgung. Das werden wir einfordern. Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, die Stadt der Fern-Universität zu sein. Ich will, dass wir die Stadt der erfolgreichen Bildungsbiografie sind, von der Geburt über Kitas, Schulen, Weiter- und Fortbildung bis zu den altersübergreifenden Angeboten der VHS.
Ich bin persönlich froh, dass nun auch endlich wieder Bewegung in unsere Schullandschaft kommt. Das Votum im Schulausschuss für eine vierte Gesamtschule ist ein klares Bekenntnis für das Wahlrecht der Eltern. Ich werbe stark dafür, dass wir bei der Suche nach einem geeigneten Standort zu einer einvernehmlichen Lösung kommen – im Sinne von Schülerinnen und Schülern und Eltern.
Dieser Haushalt schafft gute Grundlagen, um Hagen in den kommenden Jahren lebenswerter zu gestalten. Es bedarf dazu in den kommenden Jahren aber den Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen und Gelder im Haushalt mittel- und langfristig umzuschichten. Denken Sie vor allem daran, welche Versprechungen wir den Kindern und Jugendlichen in der Klimadebatte gegeben haben. Wir dürfen Sie nicht enttäuschen. Daher hätte ich mir auch gewünscht, dass sich der Oberbürgermeister an die Spitze gesetzt hätte, statt nur zu moderieren. „Ich will die klimaneutrale Stadt Hagen!“ Das soll nicht grünes Bekenntnis bleiben – das wünsche ich mir als Motto des Oberbürgermeisters Erik O. Schulz.
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Pressemitteilung Fraktion