7 Fragen an Jürgen Sporbeck zur Verkehrspolitik in Hagen

16.01.20 –

Was hat dich dazu bewegt, dich intensiv mit dem Hagener Nahverkehr zu beschäftigen?

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat mich schon immer interessiert, weil ich der Meinung bin, dass es eine sinnvolle Alternative zum motorisierten Individualverkehr (MIV) geben MUSS, die auch bei widriger Witterung und schlechtem Wetter nutzbar ist. Nur so sind Verbesserungen des Klimas, der Umwelt und des städtebaulichen Umfeldes zu realisieren. Hagen muss eine liebens- und lebenswerte Stadt werden und das geht nur mit veränderten Zielkonzepten in der Verkehrspolitik. Vor diesem Hintergrund engagiere ich mich bei den Hagener GRÜNEN im Umweltausschuss, im Stadtentwicklungsausschuss und im zukünftigen Unterausschuss Mobilität.

Wie gefällt dir die Arbeit dort?

Bisher wurde der ÖPNV überwiegend im Arbeitskreis ÖPNV und dem Umwelt¬ausschuss beraten. Durch uns GRÜNE konnte die Qualität und Durch¬setz¬barkeit von Verbesserungen deutlich verbessert werden. Mir gefällt an diesen Gremien, dass fraktions- und parteiübergreifend ernsthaft über die Weiter¬entwicklung des ÖPNV diskutiert wird und dieses Ziel im Vordergrund steht. Die meisten Beschlussvorschläge wurden abschließend durch den Rat der Stadt angenommen. Der Unterausschuss Mobilität stellt die zukünftige Basis für die Beratungen dar. Er tagt erstmalig am 15.01.2020 und wird meiner Meinung nach die erfolgreiche Arbeit fortsetzen. 

Wie muss man sich die Erstellung eines neuen Busfahrplans vorstellen?

Die Erstellung eines neuen Netzes ist ein relativ langwieriger Planungs- und Beratungsprozess, an dem Politik,  Verwaltung und Verkehrsunternehmen beteiligt sind. Leider war die Stadtverwaltung bis zum Jahr 2018 bei der Verbesserung des ÖPNV sehr zurückhaltend und die Hagener Straßenbahn AG hat ÖPNV überwiegend aus ihrer unternehmerischen Sicht geplant. Durch unser Engagement konnte die politische Seite zu einem schlagkräftigen Akteur geformt werden, der Verwaltung und Hagener Straßenbahn AG „Beine gemacht“ und die Interessen der Fahrgäste stärker in den Mittelpunkt gestellt hat. Durch die Zurückhaltung der Stadtverwaltung sah sich die Politik auf unsere Initiative hin gezwungen, eigenständig Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten einzubringen. Das war zwar relativ zeitaufwändig, aber es hat sich meiner Meinung nach gelohnt. Der vom Gesetzgeber gewollte Weg, dass derjenige, der zahlt (hier: Stadt Hagen), auch sagt, was gefahren wird, ist allmählich bei Verwaltung und Hagener Straßenbahn AG angekommen.

Wie beurteilst du das Ergebnis?

Wir sind mit dem Fahrplanwechsel vom Dezember 2019 einen deutlichen Schritt vorangekommen. Aber bis zum Erreichen eines wirklich guten ÖPNV gibt es noch ziemlich viel zu tun. Schwierig bleibt dabei die finanzielle Situation der Stadt, die immer im Fokus bleiben muss. Wir beginnen aber gerade Gespräche mit den anderen Fraktionen zum weiteren Ausbau des ÖPNV in Hagen und ich bin guter Dinge, dass es weitere Verbesserungen geben wird. Ziel bleibt die nachhaltige Realisierung der Verkehrswende.

Es hat ja nach dem Fahrplanwechsel Lob und auch einige Kritik gegeben. Wie wird darauf eingegangen?

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Es war klar, dass Nachbesserungen erforderlich werden, da ja das neue Netz von Seiten der Politik vehement gefordert wurde und unter ziemlichen Zeitdruck erstellt worden ist. Wir werden die genannten Kritikpunkte mit Stadtverwaltung und Verkehrsunter¬nehmen diskutieren und hoffen, schon im Juni 2020 erste weitere Verbesse¬rungen umsetzen zu können. Auch dazu werden von uns Grünen zukünftig intensive Gespräche mit den anderen Fraktionen im Hagener Rat geführt.

Wie stehst du zum 365 Euro-Ticket (  1 € pro Tag für den ÖPNV )?

Städte, die ein stark vergünstigtes ÖPNV-Ticket anbieten, haben zunächst verkehrliche Strukturen deutlich verändert – wie Verknappung und Verteuerung des Parkens, Einschränkung des MIV in bestimmten Stadtgebieten (z.B. Innenstadt), eigene Spuren für den ÖPNV usw. In Hagen ist seit mindestens 50 Jahren der MIV überproportional ausgebaut worden mit dem Resultat, das heute zu beobachten ist: eine lieblose Verkehrswüste, die den heutigen Anforderungen nicht gerecht wird. Um Hagener*innen dauerhaft für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu gewinnen, ist ein entsprechend hochwertiges Angebot erforderlich, das wir leider noch nicht haben. Deshalb stehe ich einem 365 €-Ticket zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch gegenüber. Nicht zielführend ist, wenn viele Menschen wegen eines 365 €-Tickets kurzfristig umsteigen, dann aber wegen der noch vorhandenen Mängel doch wieder zum MIV wechseln. Unabhängig davon ist der VRR-Tarif zu hinterfragen. Für relativ schlechte Leistung muss viel Geld bezahlt werden. Das muss sich ändern! Vielleicht sollte kurzfristig im VRR-Bereich zunächst mal ein „2 € pro Tag-Ticket (entspricht 730 €pro Jahr)“ probiert werden. Wir haben vor, unseren Oberbürgermeister aufzufordern, sich beim VRR für eine Vereinfachung des Tarifwesens bei günstigeren Preisen einzusetzen.

Was würdest du dir wünschen, um den auto-losen Verkehr in Hagen voran zu bringen?

Der Umweltverbund bestehend aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr muss einen deutlich höheren Stellenwert im Vergleich zum MIV erhalten. Die vom Rat beschlossene Verteilung von 50% Umweltverbund und 50% MIV kann nur ein erster Schritt sein. Ziel von uns Grünen ist dieses Verhältnis deutlich zugunsten des Umweltverbundes zu verschieben. Das bedeutet natürlich auch, dass der zur Verfügung stehende Straßenraum anders aufzuteilen ist. Erst damit sind eigene Trassen für den öffentlichen Verkehr und Radschnellverkehrswege sowie fußgängerfreundliche Wegeverbindungen möglich. Um dies möglichst zeitnah umzusetzen, würde ich mir ein mehrjähriges wissenschaftlich begleitetes Forschungsprojekt „Verkehrswende in einer finanziell angeschlagenen Stadt“ am Beispiel der Stadt Hagen wünschen. Damit ließe sich der Grundstein für eine auto-arme Stadt legen.

PS: Falls Ihr noch Fragen habt, könnt Ihr Euch gerne bei mir melden unter sporbeck@remove-this.web.de oder telefonisch unter 0179.4865906

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